Bas Kast – Der Ernährungskompass

Bas Kast – Der Ernährungskompass

Einleitung

Das Buch “Der Ernährungskompass” von Bas Kast bietet Orientierung auf dem komplexen Gebiet der Ernährung. Gängige Vorstellungen wie Eier sind schlecht für den Cholesterinspiegel, Kaffee entzieht dem Körper Wasser und Spinat macht durch seinen hohen Eisengehalt stark werden hinterfragt. Täglich erscheinen weltweit über 250 neue Ernährungsstudien mit oft widersprüchlichen Ergebnissen. Wie kann man sich in diesem Informationsdschungel zurechtfinden?

Der Wissenschaftsjournalist Bas Kast hat zahlreiche Studien und Metastudien gesichtet und die wichtigsten Erkenntnisse in seinem “Ernährungskompass” zusammengefasst. Für einen noch schnelleren Überblick gibt es diese Zusammenfassung, die erklärt, wie eine ausgewogene und genussvolle Ernährung aussehen kann.

Die tatsächlichen Bedürfnisse des Körpers

Bas Kast hielt sich für sportlich, bis ein erschreckendes Erlebnis beim Joggen alles veränderte. Obwohl er fit aussah, hatte seine ungesunde Ernährung sein Herz-Kreislauf-System geschwächt. Kast beschloss, seine Ernährung umzustellen, um langfristig gesund zu bleiben.

Er stellte jedoch fest, dass es viele widersprüchliche Informationen über Ernährung gibt. Einige empfehlen eine fettarme, andere eine kohlenhydratarme Ernährung. Sowohl eine fettreiche als auch eine kohlenhydratreiche Ernährung können gesund sein, wie die Beispiele der Okinawa-Diät und der mediterranen Küche zeigen.

Wichtig sind die Art der Fette und Kohlenhydrate sowie der individuelle Stoffwechsel. Kast erkannte, dass die ideale Ernährung von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist und fand heraus, wie man wissenschaftlich fundierte Empfehlungen von unseriösen Diäten unterscheiden kann. In der folgenden Zusammenfassung erfährst du, wie du deinen Speiseplan gesund gestalten kannst.

Der Proteineffekt für eine schlanke Figur

Stell dir vor, du stehst an einem reichhaltigen Buffet mit einer großen Auswahl an Speisen. Was würdest du nehmen und wie viel?

Mit dieser Frage beschäftigte sich ein Forscherteam der Universität Oxford, bestehend aus den Insektenforschern Stephen Simpson und David Raubenheimer. Sie hatten zuvor herausgefunden, dass Tiere, wie zum Beispiel die Mormonengrille, zuerst eiweißreiche Nahrung auswählen und essen, bis ihr Eiweißbedarf gedeckt ist.

Nun wollten sie das gleiche Verhalten beim Menschen nachweisen. In einem Experiment mit zehn Teilnehmern in einem Schweizer Chalet durften diese an den ersten beiden Tagen alles vom Buffet essen. Dann wurde die Gruppe geteilt: Die eine Hälfte bekam eiweißreiches, die andere kohlenhydratreiches Essen. In den letzten beiden Tagen gab es wieder keine Einschränkungen.

Das Ergebnis war überraschend: Die proteinreiche Gruppe aß 38 Prozent weniger Kalorien, die kohlenhydratreiche Gruppe 35 Prozent mehr. Der Grund: Die Teilnehmer der eiweißreichen Gruppe hatten ihren Eiweißbedarf schneller gedeckt und hörten im Gegensatz zur anderen Gruppe auf zu essen.

Eine optimale Ernährung enthält etwa 15 Prozent Eiweiß, das als Baustoff für den Körper wichtig ist, zum Beispiel für den Muskelaufbau. Eine proteinreiche Ernährung führt zu einer schnellen Sättigung und damit zu einer geringeren Kalorienaufnahme.

Warum essen wir dann manchmal zu viel Fleisch und Wurst? Das liegt an der so genannten Eiweißverdünnung. Verarbeitete Lebensmittel enthalten weniger Eiweiß als natürliche, unverarbeitete Zutaten. Deshalb sollte man lieber zu Wildfisch oder Hülsenfrüchten als zu Fertiggerichten greifen.

Die gesundheitlichen Risiken von zu viel Protein

Die Atkins-Diät war in den 1990er Jahren sehr populär und basierte auf dem Prinzip, wenig Kohlenhydrate und viel Fett und Eiweiß, egal welcher Art, zu essen. Die Diät versprach Leistungsfähigkeit und Langlebigkeit, doch ihr Erfinder, der Kardiologe Robert Atkins, starb 2003 im Alter von 72 Jahren an Herzproblemen. Langzeitstudien zeigen, dass extrem eiweißreiche Diäten zwar kurzfristig zu Gewichtsverlust führen, langfristig aber gesundheitliche Probleme verursachen können.

Eiweiß fördert das Zellwachstum, was bei Kindern gut ist, aber im mittleren Alter problematisch wird, weil es auch die Zellalterung beschleunigt. Eine übermäßige Proteinzufuhr bei Erwachsenen kann zur Bildung überflüssiger Zellmasse führen, die Zellen verklumpen lässt und Krankheiten wie Alzheimer und Krebs begünstigt. Der Altersforscher Valter Longo wies 2014 nach, dass dies ein ernsthaftes Risiko darstellt.

Eine eiweißreiche Ernährung kann gut sein, aber nur, wenn das Eiweiß aus pflanzlichen Quellen stammt. Rotes Fleisch und verarbeitete Fleischprodukte erhöhen das Krankheitsrisiko und verkürzen die Lebenserwartung. Pflanzliches Eiweiß hingegen senkt das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Eine Harvard-Studie aus dem Jahr 2016 zeigt, dass Menschen länger leben, wenn sie Proteine aus Linsen, Bohnen oder Nüssen zu sich nehmen.

Die Empfehlung lautet daher: Mehr pflanzliche und weniger tierische Proteine essen. Bas Kast betont jedoch, dass nicht alle tierischen Proteine schlecht sind. Fermentierte Milchprodukte wie Joghurt haben entzündungshemmende Eigenschaften und können die Gesundheit fördern.

Insulin: Der Zugang zu Kohlenhydraten

Wir sollten 15 Prozent unserer Nahrung aus möglichst pflanzlichem Eiweiß beziehen. Aber was ist mit den restlichen 85 Prozent? Die Antwort hängt vom Stoffwechsel und dem Hormon Insulin ab. Insulin senkt den Blutzucker. Bei einer Insulinresistenz reagiert der Körper schlecht auf Insulin, wodurch der Blutzuckerspiegel hoch bleibt. Das führt dazu, dass der Körper glaubt, ständig Energie zu haben und nicht auf die Fettreserven zurückgreift, was zu Übergewicht führen kann.

Menschen mit normaler Insulinempfindlichkeit können Kohlenhydrate gut verwerten. Wer dagegen insulinresistent ist, sollte seine Kohlenhydratzufuhr reduzieren, um langfristig abzunehmen. Wer jung und schlank ist, braucht sich um Insulin weniger Sorgen zu machen, wer aber übergewichtig ist und unter Bluthochdruck leidet, sollte über eine kohlenhydratarme Ernährung nachdenken.

Unabhängig von Alter und körperlicher Verfassung sollte jeder auf die Art der Kohlenhydrate achten. Gesunde Kohlenhydrate, so genannte “gute Kohlenhydrate”, sind fest und nicht flüssig, wenig verarbeitet und reich an Ballaststoffen. Vollkornbrot ist besser als weißes Toastbrot, und Linsen und andere Hülsenfrüchte sind gute Ballaststoffquellen. Gute Kohlenhydrate haben einen niedrigen glykämischen Index, was bedeutet, dass sie langsam verdaut werden. Cornflakes sollten durch Müsli ersetzt werden.

Zusammenfassung Menschen mit normaler Insulinempfindlichkeit können ballaststoffreiche Kohlenhydrate essen, Menschen mit Insulinresistenz sollten sie meiden. Kohlenhydrate sind nicht für alle Menschen gleich gut oder schlecht, aber Zucker sollten alle meiden.

Zucker: Eine Gefahr für die Leber

Der jüngste Sohn von Bas Kast zeigt mit seinem Verlangen nach Tomatensoße den Zuckergehalt an, was nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen vorkommt. Zucker, insbesondere weißer Kristallzucker, besteht aus Glukose und Fruktose. Obwohl Fruchtzucker gesund klingt, birgt er erhebliche Gesundheitsrisiken.

Glukose und Fruktose gelangen nach der Aufnahme in die Leber, die unterschiedlich darauf reagiert. Glukose verwertet die Leber je nach Energiebedarf und verteilt den Überschuss im Körper. Bei Fruktose hingegen nimmt die Leber alles auf und wandelt es in Fett um, was zu einer Verfettung der Leber und einer erhöhten Insulinresistenz führt. Dadurch wird das Sättigungsgefühl verzögert und ein Teufelskreis in Gang gesetzt, der zu übermäßigem Verzehr von zuckerreichen Lebensmitteln führt und das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht.

Obwohl Früchte Fruchtzucker enthalten, rät Bas Kast nicht vom Verzehr ab. In ganzen Früchten ist der Zucker an Ballaststoffe gebunden, die ihn langsam ins Blut abgeben. Obst ist also eine gesunde Zwischenmahlzeit, solange es im Ganzen und nicht als Saft verzehrt wird, um die Ballaststoffe aufzunehmen.

Ein hoher Zuckerkonsum schadet der Gesundheit und sollte minimiert werden. Eine einfache Regel lautet: Süße selbst. Selbstgebackene Produkte ermöglichen die Kontrolle über den Zuckergehalt und sind besser als industriell gefertigte Produkte, die oft versteckten Zucker enthalten.

Die erstaunlichen Vorteile von Fetten

Der weit verbreitete Leitsatz “Fett macht fett” prägt viele Diäten und Ernährungsratgeber, auch die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Doch diese Aussage ist zu einfach. Tatsächlich ist es komplizierter.

Die mediterrane Kost besteht zu etwa 40 Prozent aus Fett und gilt als sehr gesund. Diese Fette stammen vor allem aus Olivenöl, Nüssen und Samen. Eine Studie einer spanischen Forschergruppe, die 2013 im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde, zeigt die positive Wirkung dieser Lebensmittel.

Zwei Gruppen mit erhöhtem Herz-Kreislauf-Risiko wurden über mehrere Jahre beobachtet. Die eine Gruppe erhielt eine fettreiche Mittelmeerdiät, die andere eine leicht fettreduzierte Kost. Die Studie musste vorzeitig abgebrochen werden, da die Ergebnisse eindeutig waren: Der Verzehr von Olivenöl und Nüssen senkte das Schlaganfallrisiko der Teilnehmer um bis zu 46 Prozent.

Die gesundheitsfördernden Eigenschaften dieser Fette beruhen auf ihrem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren. Diese verbessern die Flexibilität der Zellmembranen und erleichtern die Aufnahme von Nährstoffen wie Vitaminen. Gesättigte Fettsäuren haben dagegen den gegenteiligen Effekt. Nüsse, Fisch und Sonnenblumenöl enthalten besonders gesunde mehrfach ungesättigte Fettsäuren, während Olivenöl und Avocados reich an einfach ungesättigten Fettsäuren sind. Olivenöl enthält außerdem Phytochemikalien, die die Zellreinigung durch Autophagie fördern.

Omega-3-Fettsäuren, ein weiterer wichtiger Bestandteil, können Entzündungen lindern, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Rheuma vorbeugen und beim Abnehmen helfen. Diese Superfette sind in Leinsamen, Chiasamen, Walnüssen, Lachs und Forellen enthalten.

Die Empfehlung lautet daher: Mehr Fett in der Ernährung ist gut, solange es sich um hochwertige ungesättigte Fettsäuren handelt.

Es gibt aber noch viele andere fettreiche Lebensmittel. Was ist mit ihnen?

Wenn Fett zur Gewichtszunahme führt

Fettreiches Essen führt nicht immer zu mehr Körperfett, aber es gibt Fette, die diesen Effekt haben. Das zeigt eine aufschlussreiche Studie der Universität Uppsala, das so genannte “Oma-Experiment”: Probanden bekamen sieben Wochen lang dreimal täglich Muffins zu essen. Während alle Probanden im Durchschnitt 1,6 Kilogramm zunahmen, machte es einen Unterschied, ob die Muffins Sonnenblumen- oder Palmöl enthielten.

Muffins mit Sonnenblumenöl führten zu einer leichten Zunahme des Körperfetts, aber auch zu mehr Muskelgewebe. Muffins mit Palmöl hingegen erhöhten den Bauch- und Leberfettanteil, ohne die Muskelmasse zu erhöhen. Öle mit einem hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren wie Palmöl führen zu einer Zunahme des Körperfetts. Dies gilt mit Einschränkungen auch für tierische Produkte mit einem hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren.

Butter zum Beispiel ist nicht per se schlecht, wenn sie sparsam und in Kombination mit Vollkornbrot gegessen wird. Olivenöl ist gesünder als Butter, aber Weißbrot mit Butter ist schlechter als Vollkornbrot mit Butter. Käse enthält gesättigte Fettsäuren, aber auch Vitamin K, das Anti-Aging-Eigenschaften hat, und sollte daher nicht ganz vermieden werden.

Zusammengefasst: Lebensmittel mit gesättigten Fettsäuren können den Körperfettanteil erhöhen, sind aber in Maßen teilweise gesund. Transfette, die in Margarine, Pommes frites, Industriegebäck und Fertigprodukten enthalten sind, sollten jedoch unbedingt gemieden werden, da sie schlecht für die Blutfettwerte sind.

Das optimale Maß und der ideale Zeitpunkt

Beim Sonntagsfrühstück wird oft über das richtige Maß gestritten, vor allem bei den Getränken. Frisch gepresster Orangensaft enthält zwar viele Vitamine, aber auch viel Zucker, weshalb nur ein kleines Glas empfohlen wird. Milch ist für Erwachsene nicht so ideal, wie man früher dachte, denn sie gibt Wachstumsimpulse, die zu vorzeitiger Zellalterung führen können. Ein Schluck Milch im Kaffee ist jedoch unproblematisch, außer für die 15 bis 20 Prozent der Menschen in Deutschland, die laktoseintolerant sind.

Kaffee, insbesondere Filterkaffee, ist erstaunlich gesund für Herz und Leber. Studien zeigen, dass drei bis fünf Tassen täglich sogar einen Anti-Aging-Effekt haben können.

Gesund ist es auch, in bestimmten Zeitfenstern nichts zu essen. Fasten ist eine alte Praxis, die in der modernen Konsumgesellschaft selten geworden ist. Fasten ermöglicht es dem Körper, sich selbst zu reinigen, denn sobald der Magen leer ist, beginnt er, nicht mehr benötigte Zellbestandteile zu verbrennen. Dies führt nicht nur zu einem Gefühl der Leichtigkeit, sondern auch zu Gewichtsverlust, wie Experimente mit Ratten gezeigt haben.

Wenn wir weniger Getränke wie Fruchtsäfte zu uns nehmen und regelmäßig Fastenpausen einlegen, können wir unsere Gesundheit verbessern. Fasten stärkt auch den Geist, denn es lehrt uns, unangenehme Situationen zu ertragen und Charakterstärke zu entwickeln.

Fazit

Die Wirkungsweise der einzelnen Nährstoffe im Körper ist komplex, aber es gibt einfache Ernährungsregeln, die du befolgen kannst:

  1. Unverarbeitete und pflanzliche Lebensmittel: Setze auf natürliche, wenig verarbeitete Lebensmittel. Bevorzuge eiweißreiche Hülsenfrüchte und pflanzliche Produkte, die reich an ungesättigten Fettsäuren sind, wie Nüsse, Samen, Oliven- und Sonnenblumenöl.
  2. Tierische Produkte in Maßen: Wenn du tierische Nahrungsmittel isst, wähle fettigen Fisch und fermentierte Milchprodukte. Reduziere den Konsum von Fleisch und Milch.
  3. Komplexe Kohlenhydrate: Bevorzuge Vollkornprodukte gegenüber Weißbrot oder hellen Nudeln.
  4. Zeitfenster: Versuche, nur in einem Zeitfenster von acht bis zehn Stunden am Tag zu essen und den Rest der Zeit zu fasten.

Diese einfachen Regeln helfen dir, dich gesund und ausgewogen zu ernähren.